Der Tag endet, wie es in diesen Wochen bei einer Fashion Week in London wohl sein muss. Es ist nasskalt. Die Kälte dringt durch die Kleidung. Man will nur noch nach Hause und auf dem Bett einen Salat essen und die (englische) Grazia lesen. Auf dem Weg zum The Mayfair Hotel kommt man zufällig am Alexander McQueen Store vorbei. Eine Frau, die so aussieht, als hätte sie andere Sorgen als sich mit dem allerneuesten Schrei zu beschäftigen, steht gerührt mit offenem Mund vor dem Bildschirm, den sie im dunklen Schaufenster aufgestellt haben. Es läuft ein Video mit Lee's besten Shows. Und in diesem magischen Moment weiß man, wen man hier verloren hat. Und worauf es in der Mode ankommt: magische Momente zu produzieren.
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Inwieweit es diese in den vergangenen Tagen gegeben hat, kann ich nicht beurteilen. Nur zwei Tage in der Stadt gewesen. Vor allem wegen - na klar - Burberry. Aber auch wegen Pringle, die gestern in der Serpentine Gallery gezeigt haben. Doch, wie man hört, war es eine gute Woche. Das Angenehme an Londons Modewoche ist, dass die Beteiligten niemals denken würden, die ganze Stadt, ach das ganze Land, nein, die Welt interessiere sich für nichts anderes als die Schauen. "Völker der Welt, schaut auf diese Stadt!" Berlin hat diesen Hang, so zu denken. London nicht. Dem Taxifahrer ist es egal. Den Geschäftsleuten auch. So etwas "grounded". Die meisten Besucher der Fashion Week sind entspannt. Und sind sie es nicht, kommen sie nicht aus England. Auch eigens aufgedonnerte Möchtegern-Hipster - von Herrn Bessing so treffend als Bloggerfutter bezeichnet - sieht man weniger. Cool ist man nur dann, wenn man sich selbst nicht als cool beschreibt. Wie der junge Mann gestern im Karopulli, der beim After-Show-Dinner von Pringle schlunzig in einer Ecke saß und mit seinem MacBook beschäftigt war (während daneben Courtney Cox und Tilda Swinton standen)... Blogger bleiben ein Thema. Vielen Modefirmen, so hört man, gehen die meisten mittlerweile auf die Nerven. Sie erkämpfen sich das Recht, zu den Schauen gehen zu dürfen. Basisdemokratische Erziehung eben. Für was zieht man sich denn verrückt an und kommentiert jeden Mist. Klappt es nicht, geben sie sich als Redakteurinnen aus. Von Print-Magazinen... Andere, wie die Kollegin von "Les Mads" haben das nicht nötig. Sie kommen auch so rein. Talent öffnet eben doch Türen.
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Keine Ahnung über den wievielten Relaunch ich bereits bei Pringle geschrieben habe. Ich glaube, es ist nun der dritte Versuch. Und: Er könnte, nein, er muss gelingen. Die Männer-Kollektion für den Herbst war bereits grandios. Die Frauen sind es auch. Raffiniertes aus Strick. Großartige Details und ein wunderschöner Ledermantel. Murkudis in Berlin ordert die Kollektion bereits. Ein gutes Zeichen.
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Zwischen den Terminen bei Uniqlo gewesen. Reste der +J Kollektion ergattert.Wieder gut geworden. Basics können also nicht die Zukunft der Designerbrands sein. Die gibt's günstig genauso. Was also ist die Zukunft? Vielleicht die wunderschöne Celine-Kollektion, die wir bei Selfridges haben hängen sehen.
Für den Winter gab die Antwort, natürlich, Burberry Prorsum. Technische Innovation ist ein Muss, das modische Handwerk darf man aber dennoch nicht vergessen. Die Show wurde, wie berichtet, als Weltpremiere in 3D übertragen. Und sie war wieder einmal grandios. Erstmal stahl diesmal ein Vierbeiner dem Bloggerfutter die Show. Cesar, der Hund von Patrick Cock, hatte einen Front Row Platz. Was angenehm war, da ich mir die Wartezeit mit Streicheln vertreiben konnte. CA, Chefredakteurin, und ich wetteten allerdings, dass Cesar bei der Show zwischen uns hervorspringen und die Models zum Stolpern bringen wird. Cesar war dann aber brav. Und Patrick sichtlich erleichtert. Backstage nach der Show spielte dann auch Christopher ne Runde mit ihm, dem Hund. Beim Schlange stehen, um dem Meister zu gratulieren und zu küssen habe ich mit Entsetzen festgestellt, dass Julia Restoin-Roitfeld ihrer Mutter nicht nur ähnlich sieht - sondern geschätzt 20 Jahre älter wirkt. Und wie umwerfend gut der Bruder von Emma Watson aussieht. Anyway.
Die gezeigte Damenkollektion ist sehr schön geworden. Prorsum eben. Overknee-Stiefel, zarte Spitzenkleidchen, schwere Lammfellmäntel. Aubergine-Töne, viel Schlange, Drappierungen und Raffungen, die bereits in der aktuellen Saison gut angekommen sind. Tragbarer Luxus, zeitgemäß und jung umgesetzt. Gewonnen hat Burberry aber aus einem ganz anderen Grund. Gestern bei Pringle haben wir noch darüber gesprochen, wie schwierig es ist, in Pannesamt, dem Stoff toujour, vorteilhaft auszusehen. Bis zu Burberry vertrat ich die Ansicht, dass dies nicht möglich ist. Wenn man mit dem Material aber so gekonnt umgeht wie Christopher Bailey und zarte Pencil-Skirts daraus macht (und die Frau im besten Fall Size Zero hat), wirkt der Stoff sexy und nicht spießig.
Draußen hat es aufgehört zu regnen. Morgen reisen die meisten bereits weiter nach Mailand. Darauf hoffend, weitere magische Momente zu erleben. Und wir werden sie erleben. Bestimmt.
monsieurluft - 23. Feb, 20:49