Ich bin nicht alleine mit dem Shopping-Wahn.
"Letzte Woche bin ich nachts aufgewacht, weil ich geträumt habe, erst den Victoria Secret Laden nicht gefunden zu haben und dann auch noch die Sale-Aktion bei Abercrombie vorbei war!"
A., Kollegin, die in Gedanken bereits in New York ist / war.
monsieurluft - 1. Mär, 22:01
Um Nicht-Süchtigen einen Einlick in das Leben von Shopping-Junkies, die kurz vor der Rehab-Einweisung stehen, zu geben, folgendes Beispiel eines typischen Gedankenganges: Man bummelt durch die Straße, überlegt sich, wieviel Budget man zur Verfügung hat (Ich überziehe nämlich nie und im April bin ich wahrscheinlich einen Monat mittellos, aber bis dahin ist die Saison ja eh gelaufen) oder ob Olaf, Hund, daheim auch sein Antibiotika nimmt oder wie man einen Einstieg schreiben könnte oder ob man sich jetzt ein Törtchen bei Fauchon gönnen sollte - also in dem Moment, an dem man gerade an etwas ganz anderes überlegt, sieht man einen jungen Mann der zwei Hunde Gassi führt und diese (hechelnde Bassets) einem älteren Herren übergibt. Man wirft also einen Blick auf die Hunde (süß), begutachtet die beiden Typen (nicht so süß, aber coole Jeans, welche Marke bloß?) und plötzlich scannt man das Hundehalsband von Louis Vuitton. Ab diesem Moment kreist sich alles darum. Wie würde wohl Olaf damit aussehen? Hatte man nicht schon ganz oft überlegt, mal eine neue Leine zu kaufen? Und würde das nicht fürchterlich niedlich aussehen, wenn Olaf auch eine passende Leine zum Gepäck seiner Herrchen hätte? Wann könnte man mal bei Vuitton vorbeischauen? Unverbindlich. Solche Gedanken haben Süchtige ständig. Und sie gehen erst dann weg, wenn man ein neues Objekt der Begierde sieht (Polohemd aus der Limited Edition zum 10. Geburtstag von Colette, Sony Kopfhörer) und sich dann damit wieder ewig beschäftigt. Oder aber bei Fauchon ein Törtchen isst. Wobei: Da überlegt man, ob man nicht dringend diese goldenen Kaffeebecher braucht...
monsieurluft - 1. Mär, 20:43
Der Tag fing hektisch an. Auf dem Weg zum Flughafen erstmal einen Unfall mit dem Taxi gehabt. Eigentlich nichts Schlimmes. Leider hat sich ein "Hierkönnensieabernichtstehenundichhabsgenaugesehen"-Spießer eingemischt, der die (schuldige) Fahrerin so aufhetzte, dass plötzlich der Taxifahrer (ein sehr charmanter Franzose) Schuld hatte. Habe mich gleich als Zeuge angeboten.
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Dummerweise hat Air France seine Schalter am Hamburger Flughafen im Unterschichten-Terminal 1, dort also wo die Billigflieger abheben, was zu ewigen Schlangen an der Sicherheitsschleuse ("Ach so, Moment, hab noch Kleingeld in den Taschen!", "Oh, den Gürtel auch!" "Wie, jetzt durchgehen, na gut!") führt.
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"Entschuldigung, wo finde ich denn die neue Ausgabe von "Mein Schicksal, meine Geschichte?"
Unterschichten-Frau am Kiosk. Ich kaufte die Bunte mit der Verlegersgattin auf dem Cover. Von KL fotografiert. Na, da hat PR aber wieder gut gepunktet. (Übrigens, hört man, dass sie auch in Konferenzen einschläft, es aber immer schafft, gerade noch vor dem Kopfabsacken ein Thema abzuschießen.)
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Vor mir in den Flieger stieg dann PG, Chefredakteurin einer Frauenzeitschrift, die gleich nach Amtsantritt erstmal nach dem Dienst-Porsche ihrer Vorgängerin fragte und somit in tout München durchfiel. Heißt es. Ein unglaublicher Auftritt. "BUSINESS!!!" sagte sie erstmal ganz laut zur Stewardess beim Einsteigen, obwohl diese Klasse so gar nicht zu ihrer beigen Hose (hinten hing das Größenschild raus) und dem Wollcape passte. Als es dann keine Garderobe gab pöbelte sie "PAH! AIR FRANCE! TYPISCH!" Jaja, die Kolleginnen.
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Zur Beruhigung dann erstmal zwei kabbalistische Lieder gehört und mir immer wieder gesagt: "Sie sind wie Sie sind. Erlaube Dir keine bösen Energien!" Geholfen hat es, wie man liest, nichts.
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Nach der Landung dann der Spruch, der ja immer kommt in Paris. "Ja fährt det Flugzeug um Paris rum oder wat?" Passagier aus der ehemaligen DDR über den langen Anfahrtsweg zum Gate.
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In Paris erstmal schnell bei Colette durchgepest, die feiern nämlich zehnten Geburtstag. Nichts gekauft. Mich nebenan im Coffeeshop sehr alt gefühlt, weil ich jedesmal, wenn ich den Besitzer sehe, denke: "Den kenne ich noch, als sein Laden ganz schmuddelig war." Man redet schon wie seine eigene Großmutter.
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"Kamera drauf halten, sie kommt rein!" rief dann eine Pro Sieben-Reporterin bei Celine. Allerdings kam weder Anna Wintour noch Beyoncé´- sondern AW, laut PR "Der Mozart der Mode", im wahren Leben und unter stilsicherem Gespür allerdings nur eine schlecht gekleidete Frau und - nicht unwesentlich - meine Feindin (warum steht dann ebenfalls in meinen Memoiren). Wird sie doch glatt fürs Fernsehen gefilmt. Sie hat in die Kamera gelacht (macht sie sonst nie), mit anderen gesprochen (macht sie sonst nie), war schlecht gekleidet (macht sie immer): Stiefelchen, Woll-Stockings, Pelz. Wenn jemand diesen Beitrag sieht, bitte mir schicken.
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Der Bösartigkeiten für heute genug. Morgen bin ich wieder brav. Denn morgen wird's glamourös. Gestern kam folgende SMS vom Scheich: "Meet you at 12.00 in the Ritz Bar". Falls er mich nicht entführt oder mir Millionen Euro Schweigegeld zahlt, werde ich berichten, wie es war. WAS ZIEHE ICH BLOSS AN?
monsieurluft - 1. Mär, 19:55